Ich
bin ein Künstler aus Kolumbien. Seit über 15 Jahren setze ich mich
in meiner Kunst mit den Folgen des jahrzehntelangen Bürgerkrieges
in meiner Heimat auseinander. Besonderes Interesse liegt dabei auf
den Menschen, die verschwunden sind, auf jene, die jäh aus dem Leben
gerissen wurden, für die es keine Gräber gab und gibt und der
Trauer der Hinterbliebenen. Dabei sehe ich uns alle als
Hinterbliebene, als Nation, als Menschenheitsfamilie, der ein Teil
ihrer Selbst genommen wurde: die potentiellen Möglichkeiten eines
denkenden, liebenden Menschen, die Einzigartigkeit eines
Menschenlebens. Da ist die eine Seite: „Memoria“ heißt also
Erinnerung, Gedächtnis. Dieser Menschen soll erinnert und im
Gedächtnis behalten werden, wie er auch in der Trauer der
Angehörigen traumatisch im Gedächtnis verhaftet bleibt. Sie suchen
oft über Jahrzehnte nach den sterblichen Überresten, nach dem
Warum, nach den Täter, damit ihre Trauer einen konkreten Ort
bekommen kann.
Auf
der anderen Seite sind es in den vergangen 50 Jahren des Krieges und
der Gewalt 30 000 Menschen, die so vrschwunden sind. Sie tauchen in
verschiedenen Statistiken auf, als Ziffer, als namenlose Opfer. Auch
hier wieder körperlos, anonym.
Das
kommt in meinen Bildern zum Ausdruck: Silhouetten, Schatten, die
Menschen angedeutet durch Linien, durch Farbflächen, gesichtslos.
Ich
arbeite in leuchtenden Farben, öft auch mit Primärfarben.
Ich
möchte nicht das Elend darstellen, sondern die Potentialität, das
Möglichkeit, das, was dahinter liegen könnte, wenn wir den
Einzelnen als Menschen wahrnehmen und seinen Tod als unser Tod.
Die
Farbigkeit ist auch eine Reminisenz an meine Heimat: die Sonne, die
tropische Üppigkeit, die Lebensfreude trotz allem.
In
den letzten Jahren habe ich mich immer mehr gelöst, von dem
konkreten Konflikt in Kolumbien, bedingt durch die globalen Kriege um
uns herum, ist Kolumbien nicht mehr ein singuläres Land, weit weg in
einer Verstrickung in seine nur ihm spezifischen Geschichte und
Gewaltspirale. Es steht für mich als Metapher für die Welt an sich
und das Leiden. Jeder Mensch, der flüchtet, verliert sein Gesicht,
wird namenlos, zu einer Silhouette, zu einem Schatten – und doch
ist er auch mehr: birgt er sich ein ihm ein einzigartiges,
individuelles, nur ihm gehöriges Menschenleben und
Menschenschicksal.
Das
möchte ich in dem zweiten Zyklus „Espacios de Esperanza“ /
„Hoffnungsräume“ zeigen.
In
Kolumbien steht nach dreijährigen Verhandlungen ein Friedensabkommen
vor dem Abschluss. Was daraus wird ist offen, wie ein Frieden nach so
langer Zeit des Krieges aussehen kann, läßt sich schwer sagen.
Dennoch, ein Anfang … Auch in dieser zerrissenen Welt, müssen wir
einen Anfang wagen, immmer wieder, wenn wir als Menschenheit, wenn
wir mit unserer Menschlichkeit überleben wollen. Wir brauchen also
Hoffnungsräume, Utopien, einen weiten Horizont, den wir mit den
Farben unserer Hoffnung füllen können.